Die Leistungszucht des  VDW (Jürgen Reimann)

Von Anbeginn wird die Zucht des Deutschen Wachtelhundes als Leistungszucht definiert.

Wie FRIESS überliefert, waren die Stammhunde der Rasse „vorzügliche Jagdhunde“, die „ihr Leben lang auf Jagd gegangen sind, …..alle waren harte Arbeitshunde“. (Frieß, „Der deutsche Wachtelhund“, 1921, S. 20).

Bedingt durch die schwierigen Jahre nach dem ersten Weltkrieg, dem gering entwickelten Prüfungswesen und einer beachtlichen Anzahl von Züchtern, die nicht dem Verein angehörten, waren damals Zuchten mit ungeprüften Elterntiere relativ häufig.

Dieser Zustand verbesserte sich mit der 1934 eingeführten Zuchtbuchführung sowie den Ahnen- und Leistungszeichen. Auf diesen aufbauend, unterschied man Vermehrungs-, Leistungs- und Hochleistungszucht. Infolge der Veröffentlichung des Zucht- und Gebrauchswertes eines Hundes auf Grund seiner erbrachten Prüfungsleistungen konnte die Zucht mit ungeprüften Hunden nachhaltig zurückgedrängt werden.

Eine Leistungszucht ist ohne „amtliche“ Prüfungen nicht möglich, da deren Ergebnisse trotz aller Schwächen objektiver sind als die Angaben der Hundebesitzer. Trotzdem dürfen die Leistungen eines Hundes in der jagdlichen Praxis nie außer Betracht gelassen werden. Dies führte zur Einführung der besonders zuchtrelevanten Leistungsnachweise im praktischen Jagdbetrieb.  Dazu zählen der Leistungsnachweis am Schwarzwild und der Brauchbarkeitsnachweis am Schwarzwild in anerkannten Schwarzwildgattern.

Der 1934 eingeführte Härtenachweis und die Leistungsnachweise auf der natürlichen Wundfährte können auch durch Zeugen bestätigt werden, die keine Verbandrichter sind.

Ab 1990 gab es Bestrebungen, die Zuchtzulassung zu erschweren, in dem diese von bestandenen Leistungsprüfungen abhängig gemacht werden sollte.

Erst mit der Zuchtordnung von 2010 konnte sich diese Forderung durchsetzen, indem alle Zuchthunde nach dem 36. Lebensmonat eine bestandene Leistungsprüfung des VDW nachweisen müssen.

Daraus ergeben sich 2 Zuchtklassen:

–          Zur Zucht zugelassene Hunde (ZZL); Alter bis 36 Monate, keine Leistungsprüfung (EP, EPB, GP) erforderlich

–          Endgültig zur Zucht zugelassene Hunde (EZZL); bestandene Leistungsprüfung erforderlich.

Wie wirkt sich dieser Selektionsmechanismus auf die Zuchtrüden aus?

Im Zuchtjahrgang 2013 z. B. wurden 258 Rüden aufgezogen. Davon erlangten 50 (19 %) mit Stand September 2015 die Zuchttauglichkeit gem. ZO – DW Pkt. 4.1.4, 4.1.3, 4.1.5.

In der Gruppe „ZZL“ befinden sich 31 Rüden (63 %), in der „EZZL“ 19 (37 %). Wegen zu hoher HD-Belastung,  P1-Verlusten und Laut 6 l werden wahrscheinlich 3 Rüden aus „ZZL“ und 5 Rüden aus „EZZL“ nicht zur Zucht verwendet werden. Dadurch verringert sich die Zahl der potentiellen Deckrüden auf 42 (16 %).

Die Verschiebungen von „ZZL“ nach „EZZL“ ergeben sich aus den Herbstprüfungen.

Die aktuelle Situation von 4 Jahren bezüglich der Deckrüden zeigen folgende Tabellen:

Stand: September 2015 (Quelle: Zuchtwartemodul)

Jahr        gew. Rüden (n)         dav. ZZL         dav. EZZL         insges. ZT      in % von n

2013             258                        31                       19                       50                  19

2012             296                        23                       41                       64                  22

2011             287                        16                       47                       63                  22

2010             343                        15                       37                       52                  15

 

Zur Zucht eingesetzte Rüden:

Jahr     mit ZZL   dav. mit LZ    mit EZZL   dav. mit LZ    insges.       in % von n

S, HN                                    S, HN

2013        3                 ( 1 )                     6                   ( 1 )             9

2012        6                 ( 1 )                    18                 ( 15 )           24                 8

2011        2                 ( 1 )                    27                 ( 17 )           29                10

2010        0                   0                       26                 ( 20 )           26                  7

 

Im Durchschnitt können also 8 – 9 % der Rüden eines Jahrganges potentiell zur Zucht verwendet werden. Tatsächlich wird davon wiederum nur ein Teil zur Zucht herangezogen.

Ist mit dieser geringen Anzahl von Deckrüden, zumal in einem geschlossenen Genpool, die so wichtige genetische Vielfalt unserer Rasse noch gewährleistet?

Zweifel sind da angebracht. Wenn aus jedem Jahrgang nur wenige Zuchthunde zur Auswahl stehen, kann dies obendrein zu einer ungewollten Selektion führen. Man sehe sich nur einmal die Ahnentafeln unserer Hude an. Die Häufung gleicher Vorfahren ist auffallend.

So hat die ständige Verschärfung der Zuchtordnung letztendlich zu einer Verengung der Zuchtbasis geführt. Davor hatte schon RUPP 1990 (DWZ 5/90) weitblickend gewarnt und ENGELL (DWZ 5/15) weist neuerdings in seinem bemerkenswerten Beitrag ebenfalls darauf hin.

Fast alle Prüfungs-„Durchfaller“ gehen auf das Konto des Apportierens, also eines reinen Abrichtefaches. Dieses ist züchterisch bedeutungslos! Dadurch selektieren wir die Hundeführer! Deren Leistungen im Abrichten ihrer Hunde vererben diese nicht weiter. (Siehe hierzu auch HEMME, DWZ 9/90; ENGELL DWZ 5/15). Wenn FALK schreibt “Prüfungen zeigen den Trainingswillen und den aufgebrachten Zeitaufwand des Besitzers und nur bedingt die Anlagen, die vererbt werden“, (Zuchtbuch DW 2011), so ist dem nichts hinzuzufügen.

Wir sollten uns deshalb mehr als bisher in unserer züchterischen Tätigkeit auf die vererbbaren Eigenschaften konzentrieren.

Es drängt sich die Frage auf, ob es für die Rasse nicht besser wäre, den Punkt 4.1.4 (4) ZO wenigstens für Rüden liberaler zu gestalten.

Die ZO könnte dahingehend aktualisiert werden, dass die Zuchttauglichkeit auch dann gegeben ist, wenn wegen des Versagens in Abrichtefächern eine Leistungsprüfung nicht bestanden wurde.

Es macht aus züchterischer Sicht wenig Sinn, Rüden aus der Zucht auszuschließen, die den Härtestrich und das „S“ besitzen, die EPB tadellos absolvierten und nur in einem Apportierfach versagt haben.

Die “Prüfungs – Verfechter“ werden erwartungsgemäß andere Ansichten vertreten. Eines ihrer Argumente ist, dass überdrehte und nervöse Hunde aus diesem Grunde die Prüfungen nicht bestehen und somit aus der Zucht herausfliegen. So generell kann man das mit Sicherheit nicht behaupten, denn auch in diesem Fall steht hinter dem Hund immer ein mehr oder weniger talentierter Führer. Versierte Abrichter bringen auch diese Hunde mit bestem Erfolg durch Prüfungen und ermöglichen damit ggf. eine negative Auslese.

Als weiteres Argument wird die geringe Zahl der betroffenen Hunde angeführt. So sind von den Jahrgängen 2010 bis 2012 durch nicht bestandene Leistungsprüfungen 17 Rüden aus der Zucht ausgeschieden.

Wenn man bedenkt, dass anlagenmäßig zuchtrelevante Rüden durch die mittlerweile exorbitanten Kosten der Gesundheitsuntersuchungen diese nicht nachweisen, so sollte auch aus diesem Grunde um jeden Zuchtrüden gerungen werden.

Danken werden es diejenigen Züchter, die sich der gültigen Zuchtordnung verpflichtet fühlen und ihre Linien erhalten wollen. Manch weite Fahrt in das Ausland zu einem passenden Deckrüden ließe sich dadurch vermeiden.

 Jürgen Reimann


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